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Adoleszenz verstehen

Die Aufgabe, Kinder beim Erwachsenwerden zu begleiten, ist heute schwindelerregender denn je. Ein Jugendlicher ist weder Kind noch Erwachsener – und hierin liegt ein Grossteil der Schwierigkeiten, Turbulenzen, Verwirrungen und Herausforderungen begründet. Sie brauchen uns, aber sie brauchen es auch, uns nicht zu brauchen. Wir wollen ihr Bestes, aber sie haben den Instinkt, uns Widerstand zu leisten.

Kursbeschreibung

Der Schlüssel, um Jugendliche zu verstehen, liegt im Verständnis der Entwicklungsdynamiken einerseits und der Bindungsbedürfnisse des Heranwachsenden andererseits. Diese Bedürfnisse werden meist unterschätzt, weil Jugendliche körperlich schon so erwachsen wirken und sich aufgrund der vorzeitigen Bindung an Gleichaltrige oft sehr dagegen wehren, von uns abhängig zu sein. Für weitere Verwirrung sorgt die Tatsache, dass es mehrere Entwicklungswege zum Erwachsensein und zu sozialer Integration gibt.

Das Wort Adoleszenz bedeutet wörtlich «Heranwachsen zu Reife». Ein Jugendlicher ist weder Kind noch Erwachsener – und hierin liegt ein Grossteil der Schwierigkeiten, Turbulenzen, Verwirrungen und Herausforderungen begründet. Sie brauchen uns, aber sie brauchen es auch, uns nicht zu brauchen. Wir wollen ihr Bestes, aber sie haben den Instinkt, uns Widerstand zu leisten. Im Gegensatz zu ursprünglichen Kulturen erfordert unsere hochkomplexe Gesellschaft eine ausgeweitete Phase der Adoleszenz, und es gibt kaum Rituale für diesen Übergang. Die Aufgabe, Kinder beim Erwachsenwerden zu begleiten, ist heute schwindelerregender denn je!

Die Natur erschafft Erwachsene, indem sie für Heranwachsende in der Pubertät erwachsene Funktionen «freischaltet» – ob diese dafür bereit sind oder nicht! Diese Veränderungen bringen ihre eigenen Übergangsriten hervor. Diese Schwellen muss der Jugendliche überwinden, um wirklich reif zu werden. Leider geschieht Erwachsenwerden nicht zwangsläufig – nicht alle Jugendlichen lassen sich auf ihre Entwicklungsaufgabe ein. Die häufigste Versuchung für die Jugendlichen ist, die Eltern durch Gleichaltrige zu ersetzen, anstatt wirklich zu einer eigenen Persönlichkeit zu werden. Der häufigste Fehler der Erwachsenen ist, sich vorzeitig zurückzuziehen. Solange ein Jugendlicher noch nicht als eigenständiges Wesen überlebensfähig ist, sollte er oder sie an diejenigen, die für ihn/sie verantwortlich sind, gebunden sein.

Diese Übergangsriten sind auch für Eltern und Lehrer eine Herausforderung; der neugefundene Idealismus lässt die Jugendlichen uns unbarmherzig kritisieren; ihre entwicklungsbedingte Selbstfixierung macht sie taub für unsere Perspektive; ihre akute Allergie gegen alles, was nach Zwang aussieht, macht sie schwer lenkbar.

Unsere Aufgabe als Erwachsene ist, unsere Kindern bei der Überquerung der Brücke von der Kindheit zum Erwachsensein zu unterstützen, sie zur Auseinandersetzung mit ihrer Entwicklungsaufgabe zu ermutigen und sie schliesslich in die erwachsene Gesellschaft einzufädeln. Währenddessen stehen wir vor der täglichen Herausforderungen, sie zu bemuttern, zu unterrichten, sie zu führen und zu lenken und vor Stress zu schützen.

Adoleszenz ist wirklich der Schoss des Erwachsenseins. Jugendliche mit unterstützenden Beziehungen zu Erwachsenen haben die grösste Chance, diese unruhige Zeit erfolgreich zu überwinden. Wir dürfen sie weder als Kinder behandeln noch uns von ihnen zurückziehen, als wären sie Erwachsene. Wenn wir lernen, mit einem Jugendlichen zu «tanzen», tritt das Allerbeste in uns zutage.

Themen und Struktur

Das Kursmaterial ordnet sich um
  • drei psychologische Veränderungen, die während der Adoleszenz auftreten,
  • sieben Übergangsschwellen, die sich aus diesen Veränderungen ergeben,
  • die daraus folgenden Herausforderungen für den Teenager sowie,
  • die entsprechenden Herausforderungen für diejenigen, die mit Jugendlichen leben, sie unterrichten oder mit ihnen arbeiten.
Kompliziert wird die Adoleszenz durch die Tatsache, dass es nicht nur einen, sondern zwei Entwicklungswege zum Erwachsensein gibt.Das Wissen, auf welchem dieser Pfade ein Jugendlicher ist, hilft uns, sie beim Übergang in das Erwachsensein wirkasam zu unterstützen.

Zielgruppe

Das Kursmaterial ist wichtig für alle, die mit Teenagern zu tun haben (werden): Eltern, Grosseltern, Lehrer, Berater, Jugendhelfer, Familienhelfer, Therapeuten, Sozialarbeiter, Psychologen. Dieser Kurs eignet sich als berufliche Fortbildung für und therapeutische Berufe sowie als Mitarbeitertraining in Angeboten für Jugendliche. Auch Eltern von Kindern in der Vorpubertät werden ihn nützlich finden, um sich auf die Übergangsphase vorzubereiten.

Themen und Ziele

Die Zielsetzung dieses Kurses ist, Jugendliche von innen heraus verstehen zu helfen. Natürlich ist jeder Jugendliche einzigartig, aber es gibt gemeinsame Dynamiken, die alle Jugendlichen betreffen. Wenn wir diese Dynamiken kennen, haben wir den Schlüssel, um mit eventuellen Problemen gut fertig zu werden.

Einige der im Kurs behandelten Inhalte

  • Die in der Pubertät auftretenden psychologischen Veränderungen, die sich auf den Jugendlichen, seine Eltern und diejenigen, die mit ihm arbeiten, auswirken
  • Der richtige Umgang mit dem vorzeitigen Verlust von Macht und Einfluss auf einen Jugendlichen
  • Die Schwellen, die ein Jugendlicher überwinden muss, um zu reifen
  • Erkennen, ob eine Rebellion gesund ist oder erfolgt, weil die Eltern durch Gleichaltrige ersetzt wurden
  • Die psychologischen Versuchungen für Heranwachsende auf ihrer Reise zur Reifwerdung
  • Wie Eltern und Lehrer ihre vorzeitige oder erzwungene Abdankung vermeiden können
  • Die beiden alternativen Wege zu Erwachsensein und Integration in die Gesellschaft
  • Wie wir unseren rechtmässigen Platz im Leben eines Heranachsenden behalten oder zurückerobern
  • Die Gefahren der Gleichaltrigenorientierung im Leben eines Heranwachsenden
  • Wie wir zwischen Beziehungsproblemen und Verhaltensproblemen des Jugendlichen unterscheiden
  • Die Rolle von Dissonanz und inneren Konflikten im Leben eines Heranwachsenden
  • Wie wir an Jugendlichen festhalten können, ohne sie zurück zu halten

Gliederung des Kurses

Der Kurs gliedert sich sowohl in den Gruppen-Meetings wie beim Videomaterial in acht einstündige Lektionen zu den folgenden Themen:

  • Lektion 1: Das Überqueren der Brücke: Adoleszenz perspektivisch gesehen
  • Lektion 2: Zwei Pfade, die auseinanderlaufen: Konformität kontra Individualität
  • Lektion 3: Der Weg führt durch Einsamkeit und Trauer: unerlässliche Stationen auf dem Weg der Individuation
  • Lektion 4: Falsch abgebogen: Wenn Gleichaltrige die Erwachsenen ersetzen
  • Lektion 5: Der Sturm des Gegenwillens: Wie man Teenager-Trotz überlebt
  • Lektion 6: In Ausgeglichenheit balancieren: Der adoleszente Schlüssel zu Gleichgewicht und Stabilität
  • Lektion 7: Die Jugend gewinnen: wie wir ihre Herzen behalten oder wieder zurückerobern
  • Lektion 8: Sexualität: Das Streben nach Nähe in einer anderen Dimension